Zirkusfragen und Antwortorakel im Schädelballon


Bin ich ein Psycho,

weil ich Psychopharmaka einnehme,

ein Marmorboden mit Sägespänen,

bin ich ein Anti-Normalo,

weil ich die Welt als Wunderland sehe,

weil ich mich aus dem Bodenlosen in einen Glorienhimmel träume?

Und Medikamente brauche,

um nicht völlig darin unterzutauchen,

Medikamente, die mich dick und müde machen, mich schlauchen,

die Horrorängste, Beziehungsideen, Verfolgungs- und Größenwahn unterdrücken,

mich in meiner Versehrtheit unterstützen als zweischneidige Krücken,

da sie in Abhängigkeit meine Gesundheit hervorbringen

und mich darob auch dankbar und froh stimmen.

(“Solas“ von Jamie Duffy)


Bin ich ein Psycho,

zumal ich die Medikation als einstweilige Übergangslösung erlebe

und aus ihr das Bestmögliche erhebe,

weil ich mein vergangenes Unglück als Glück erachte

und in unverblümtem Reformansporn danach trachte,

dass gleiches Recht für alle gilt,

dass Chancengleichheit auf Vorurteilsbeseitigung abzielt?

Mit Sensibilität und einem weitgeöffneten Fühlen und Überlegen

wiederum feinsinnig und umarmend umzugehen,

sie in ihrer Tiefenhöhe auszuloten, anstatt sie mit Angst zu besetzen,

damit sie nicht in Hospitalisierung oder Haft verenden,

ist für einen Psycho, für eine Schizo-Persönlichkeit

eine Liebkosung mit Achtsamkeit in Reichhaltigkeit,

die Anerkennung der Hellfühligkeit als Blütennektar,

dieser bringt florale Verwandlung, universell elementar.

Bin ich ein Psycho,

wenn ich kein Psycho bin?

Wenn ich im Kollektiv meine Zugehörigkeit finde,

mich an äußere, weltliche Werte binde,

wenn ich Härte für „Außenseiter“ empfinde,

wenn ich in unreflektierter Tagesroutine verschwinde?

Weiß der Psychiatrie-Psycho vielleicht mehr als der Normalo-Psycho?

Er ist an spiritueller Wahrheit und Weisheit oft näher dran,

das gesellschaftliche Unverständnis erdrückt das höhere Verständnis,

übermächtig und zudringlich zu sein, hat eben mehr Dominanz

als sensitiv, zartsinnig und fein zu sein – und dennoch, die größte Macht

haben die Liebe und das Licht.

Sie regieren auch dann,

wenn sie scheinbar nicht da sind,

eines Tages werden sie sich demonstrativ zeigen

und sich nicht länger zurückhalten und verschleiern.

(“Psycho“ von Ava Max)


Bin ich ein Psycho,

wenn ich mit meiner Schizo-Persönlichkeit liebtänzle?

Wenn ich die Normalo-Schule schwänze?

Wenn ich mit der geistigen Welt kommuniziere,

erdgebundene, körperlose Seelen ins Licht führe,

Stimmenhören nicht mehr als abstruses, konfuses Konstrukt,

oder als utopisches und unheimliches Gespinst erfahre,

die Stimmen als Seelen, wie du und ich, um mich schare,

sie nicht als Monster, Alien oder Freaks bezeichne,

sondern sie mit Liebe und Verständnis segne und weihe?

Da sie dadurch trotz 20-jähriger absoluter Unbelehrbarkeit und Halsstarrigkeit

plötzlich auf mich hören und meine Freunde werden in Verletzlichkeit,

sich erstmals entschuldigen und lieb zu mir sind,

zwar nicht immer, doch ich verstehe auch meines Leidens Sinn.

Dies alles darf ein Prozess bleiben,

denn häufig kommt ER noch in dämonischer Aufmachung,

dann bin ich für ihn da, einen früheren Straftäter,

ich wirke auf ihn ein und er geht wieder in Freundlichkeit.

Und er spürt alles an mir auf und fängt zu schimpfen an,

wenn irgendetwas arrogant und unrein an mir ist,

falls ich mich über ihn stelle oder moralisierend bin.

Nichtsdestotrotz will ich mich nicht unterwerfen,

mich nur dann seiner Anliegen annehmen,

wenn er mir Respekt und Wertschätzung zollt

und mich nicht mit Beschimpfungen überrollt.

Eine sehr anspruchsvolle Aufgabe.


Bin ich ein Psycho,

weil ich zu den liebevoll leuchtenden Sternen fliege,

durch die liebesglühende Sonne schaue,

den Himmel küsse und streichle

und dieser meinen Träumen Heimat gibt?

Ich singe hochschwingend mit den Engeln,

das Enigmatische enträtselt sich,

das Unvorstellbare wird immer vorstellbarer.

Meine Lustformel: Alles vermeiden, was meine Lebendigkeit bremst!!

(“Presence of Greatness“ – Compplexities Of Sound)

Also, egal ob Schizo, Normalo oder Psycho – dies sind nur Wörter, manchmal auch Klassifizierungen, Schubladisierungen, die das Unfassbare und insgeheim Unreduzierbare – die menschliche Psyche, die mystische Liebe, die kosmischen Geheimnisse – auf eine primitive Ebene herabbrechen sollen, sie materiell machen wollen.

Aber auch das muss und will ich locker sehen und nicht bewerten. Am Rande des Wahnsinns zu leben, bringt viel Schöpferkraft und Kreativität, eine tiefe Empfindungsqualität der Liebe für mich mit sich.

Ich bin gerne ein Schizo, wisst ihr?

In Liebe und Freundschaft,
eure Barbara


4 Antworten zu “Zirkusfragen und Antwortorakel im Schädelballon”

    • Danke, das ist so lieb von dir, Manuela. Ich freue mich über deine Wertschätzung und das Kompliment sehr.
      Alles Liebe,
      Barbara

  1. Liebe Barbara,
    gratuliere, damit ist dir wieder ein großartiger Text in die Tastatur geflossen.

    Wahrheit – Annahmen – Fiktion und sagenhafte Wortkreationen – Wortspielerein und Versspielereien der Extraklasse.
    Danke du wundervolles Seelchen.
    … von Herz zu Herz …
    M.M.

    • Vielen lieben Dank für den tiefsinnigen Kommentar und deine interessierte, begeisterungsfähige Ader.
      Herzliche Grüße,
      Barbara

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