Lyrisch herbstliche Sinneseindrücke und Fantasiereisen


Der Ausblick aus dem Schlafzimmerfenster bietet ein unerschöpfliches Reservoir an ausdrucksvoll farbenpoetischen Empfindungen. Schönheit, die im Vergehen erblüht.

Ein Blätterwald, direkt vor meinen Augen und das Geräusch des bewundernden Windes, wenn er sein Ein- und Ausatmen durch die sich in einprägsame Buntheit hineinträumenden Blätter gleiten lässt; während diese im Vertrocknen ihr Glück über die Erinnerungen an den Sommer transparent gestalten und in sich reifen lassen und in opulenten Impressionen verenden.

Ach, wie gerne möchte ich mich als Goldmarie unter einen herbstfröhlichen, sonnenilluminierten Ahornbaum stellen und mich vom exquisiten Goldregen der leuchtend sentimentalen Blätter berieseln und begießen lassen. C’est magique, ich kann in den Blättern die Sterne sehen, ein Zaubermärchen wird wahr. Durch die Sonne tut sich ein Baumkleid im feudalen Goldglanz vor mir auf – ein perfekter Meditationsort. Ein Stopp für das rigoros-exzentrisch-wunderliche Gedankenkarussell, eine demonstrative Absage an Stress, Chaos und Getriebensein, eine Entscheidung für den Frieden.

(Guru Ram Das Chant by Mirabai Ceiba)

Beim Umarmen eines Baumes spüre ich seine jahrhundertealte, in sich kernende Weisheit, seine exklusive, phänomenale Ausstrahlung der Ruhe. Die Beständigkeit, Verlässlichkeit sowie die Souveränität, Stärke und der Halt meiner Großväter. Ja, die ausgeglichene Stille eines Baumes ist zartbesaitete, salbungsvolle Philosophie, energiespendend sensitive Poesie, Spiritualität, die ich mit meinen Händen angreifen kann in irdischer Ekstase.

Ein Baum ist für mich ein älterer Mann und die Blätter sind seine Enkelkinder. Die er behütet und geborgen trägt, die er grandios und abenteuerlich fliegen und tanzen lässt, mit denen er enthusiastisch und großherzig spielt, mit denen er huldvoll und treuherzig raschelt. Ein Silberbaum – ein weißhaariger, gutmütiger Großvater, der voller Stolz den Sternenblättern – seinen aufgeweckten Enkelkindern weichherzige Schmeicheleien und exorbitante Komplimente hinsichtlich der erfrischend aufheiternden Farbenpracht ihrer blutjungen Blütezeit des Wachstums und der kreativen Entfaltung offenbart und diese bekräftigt.

Alle Unsicherheit ob der Unerfahrenheit der Blätter wird durch den unsterblich kraftvoll anmutenden Stamm des Baumes umarmt und gehalten, durch den mutig leichtlebigen Wind gestreichelt und schließlich sonnenklar schwungvoll hinweggeweht.

Käfer, Vögel, Eichhörnchen und Eulen sind zum Beispiel vergnügte, unbeschwerte Freunde, die mit dem Baum und seinen Blättern lustige Gespräche führen, von ihren intuitiven Erlebnissen, Wagnissen, Reisen und Wundern in der Natur erzählen. Die – selbst ruhig –diese Stille seelenverwandt genießen und verinnerlichen.

Mit der Zeit wird Blatt um Blatt – in gelb, orange, rot und schließlich braun in markanter Kontrastabfolge – flügge und der Baum erkennt die Anmut und Ästhetik in seiner nacktvollen Scham. Ein kurioses Schauspiel und ein universales Mysterium finden statt, wie wenn die Natur mit einem Zauberstab verwandelt worden wäre.

Letztendlich, im Winter seines Lebens angekommen, ist der titanische Baum genauso nackt und unberührt, wie bei seiner Geburt und die Blätter springen und hüpfen frohgemut und dankbar um ihn herum. Sie kreisen ihn – den Großvater – mit der gleichen Fürsorge, Liebe und Unterstützung ein – Kinder und Enkelkinder – die er ihnen einst in unermesslicher Großzügigkeit und Hingabe zukommen ließ. Er scheint unberührt und doch so berührt zu sein und um so kostbare, transformative, besungene Erfahrungen reicher.

Wahrlich, wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus. Alles, was man aussendet, kommt früher oder später zu einem zurück – eine Verabredung mit dem Kosmos. Denn der sonnige Frühling und erntereiche Sommer des nächsten Lebens kommen bestimmt.
Dann nimmt die jahreszeitliche Entwicklung erneut ihren Lauf, bei allen Lebewesen.

Ich jedenfalls liebe es, mich in Pflanzen, Sträucher, Blumen und Bäume hineinzuversetzen, mit ihnen zu fantasieren und zu träumen. Des Weiteren liebe ich es, einen Baum zu beobachten und zu berühren und an seiner Persönlichkeit, seinem Genie und an seinem Kuriosum teilzuhaben, ohne medialen Schnickschnack, Konsumkitsch oder irgendwelche süchtigen Genüsse, Ablenkungen, außerdem sonstigen Firlefanz zu benötigen. Ihm in der Umarmung meinen Herzschlag anzuvertrauen und zu schenken, mit ihm beseelt zu kommunizieren.

Ferner erinnern mich Weihnachtsbäume im Besonderen an meine Großväter, mein Opa väterlicherseits liebte Christbäume und schmückte sie sehr fein, ausgiebig und staunenswert.


Abschließend noch ein kleines Herbstgedicht, das ich euch nahebringen möchte:

Ihr farbenverzauberten, grazilen Blätter,
seht in mein strahlend glückliches Gesicht!
Entgeht euch wirklich kein einziger Salto, niemals ein Tanzkick?
Lebt weiterhin sorgenfrei und neugierig,
erbebt in meinem dirigierenden, choreografierenden Blick!
Bewegt euch wendig durch meine Sicht,
dreht euch übermütig, bis euch schwindelig ist!
Weg entsteht im Flug ohne Gewicht,
weht durch die Herbstlüfte vergnüglich,
schwebt frei davon ins Sonnenlicht,
segnet mich und diese Erde unaufhörlich,
vergeht erquickt, smart und genüsslich!!!


Zweifelsohne, der Blick aus dem Schlafzimmerfenster hat mich hingerissen, geistig befruchtet, vitalisiert, beglückt. Er fordert mich beschwingt und lustvoll auf, einen Spaziergang in der Natur zu machen! Ohne Frage, was sein muss, das muss sein!!!

Also dann, tschüss, baba, der Baum ruft mich, ich darf mich verabschieden und aufbrechen!

Alles Liebe und viel Freude im Himmel, meine geliebten Opas!!


Auf einen zauberhaft begeisternden, inspirierenden Herbsttag für euch alle, ihr Lieben.

Das eindrucksvolle Konzert der World-Folk-Sängerin Ayla Schafer vom 8.10.2024 in Linz lebt mit seiner milden, leidenschaftlichen Empfindsamkeit respektive ausdrucksvoll visionären Kunst in meiner Seele weiter. Das für mich bewegendste und schönste Konzert, auf dem ich jemals war.  

Lichtvoll funkelnde Sternengrüße aus dem himmlischen Goldblätter-Herzen!

Eure Barbara


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