Was ich in dieser Welt wahrnehme, ist, dass einige Leute studieren, um einen Titel zu bekommen, um jemand zu sein. Die krassesten Mühen werden in Kauf genommen, inklusive nächtelangem Durchlernen und Ausbrennen, um dieses vermeintliche Ziel zu erreichen.
Früher wählte ich Therapeuten und Energetiker auch nach ihren Ausbildungen und Titeln. Mittlerweile habe ich erkannt, dass Menschen, die durch den intellektuellen Elfenbeinturm eines Hochschulstudiums gegangen sind, oftmals – nicht immer –weniger Bezug zu ihren eigenen Gefühlen haben als Menschen, die dies nicht taten. Mit jenen konnte ich zumeist unverfälschter sprechen.
Und wie soll ein Mensch, der selbst kaum bei sich ist, mir helfen, zu mir selbst und in meine innere Mitte zu finden? Häufig arbeiten diese sehr viel mit verstandesbezogenen Strukturen, Prinzipien, Konzepten und Ritualen, halten sich daran fest. Zwar habe ich keine Vorurteile, Titel sind für mich kein Ausschließungsgrund – man darf immer das Individuum im Fokus behalten – aber auch kein Kriterium mehr, jemandem den Vorzug zu geben. Zumal ich es meistens sehr schnell spüre, wenn jemand sich darüber identifiziert und gut dastehen will, darauf schaut, wie etwas wirkt und dadurch an der Oberfläche bleibt.
Ich möchte das wirklich nicht verurteilen oder dergleichen, die obigen Zeilen hat mir keineswegs eine neidvolle Haltung diktiert, hier geht es rein um wertneutrale Beobachtungen.
Leistungsbezogen und anerkennungshungrig agieren auch die Ankläger und Mitläufer im Film „Der Club der toten Dichter“.
Die Aussage des Schuldirektors gegenüber dem Schüler Todd Anderson und seinen Eltern, mit dem aalglatten Versuch, die Wahrheit unter den Teppich zu kehren, stimmt mich nachdenklich.
„ …wie ER euch zu leichtsinnigem und zügellosem Verhalten inspiriert hat. Somit hat Mr. Keating seine Position als Lehrer eklatant ausgenutzt, was letzten Endes die Ursache für Neil Perrys Tod ist.“
Als Todd daraufhin sehr verstört fragt, was jetzt mit Mr. Keating geschieht, meint sein Vater höchsterregt: „Jetzt reicht’s aber Junge. UNTERSCHREIB DAS PAPIER, TODD!!“
Aus eigener Erfahrung weiß ich, wie schmerzhaft das sein kann, wenn man zum Schuldigen auserkoren wird, wenn man rausgeekelt wird und andere versuchen, sich deiner zu entledigen.
In dieser Schule wird mit Erpressung und gewaltsamer Autorität versucht, alle gleichzumachen, ein einheitliches Bild zu fixieren, das Mr. Keating disqualifizieren und feuern soll. Doch Todd spürt die Unstimmigkeit in dieser Vorgehensweise, es juckt ihn, es brennt in ihm, er knabbert daran herum, kann dies nicht einfach ignorieren. Ich glaube, er kann nicht vergessen, wie sehr Mr. Keating sein Leben beeinflusst hat.
Sich selbst treu zu sein, anstatt mit dem Strom mitzuschwimmen, ist ein Teil des göttlichen Selbst und wird für mich ein Teil der Botschaft dieses Films.
Die Themen, die mein Deutschlehrer uns zu bearbeiten gab, worüber wir schreiben sollten, sprachen mir stets aus der Seele, er konnte mir von den Lippen ablesen, was ich dachte, was mich beschäftigte, es war telepathische Kommunikation.
Auch wenn er es mir nicht zeigen konnte, dieses Wissen und Bewusstsein in mir, dass er in mir etwas Besonderes sah, gab mir so viel Hoffnung. Dadurch und ob der verträumten Verliebtheit in einen anderen Lehrer konnte ich die Schulzeit durchstehen. Und natürlich hat mir der Kontakt zu meinen Schulfreundinnen ebenfalls sehr geholfen.
Die Geschichte des Todd Anderson im Film berührt mich zutiefst. Vom ersten Schultag an in diesem Internat für junge Männer sieht er sich unter Druck gesetzt, zumal sein älterer Bruder dort formidable Leistungen hervorgebracht hat. Und obwohl er die ganze Zeit über am meisten von allen Angst zu haben scheint, aus sich herauszugehen, er selbst zu sein, ist er am Schluss der Mutigste.
Er steht als erster für seinen ehemaligen Lehrer Mr. Keating auf und setzt ein Zeichen gegen das Unrecht der Verschleierung und der Manipulation. Er startet die Initiative, der viele folgen würden. Weiters geht er den Weg seines Herzens, anstatt die Lüge des Angepasst-Seins und der Borniertheit weiterhin zu füttern und fortzuführen. Indem er erkennt, was ihm wichtig ist und danach handelt, ist er durch die Weigerung, fortlaufend eine Marionette zu spielen, schließlich frei von allen Zwängen.
Als ich 21 Jahre alt war, hat sich eine Frau in mich verliebt, sie suggerierte mir entgegen meiner eigenen Wahrnehmung, dass ich äußerlich und innerlich sehr schön wäre. Durch diese unerwartete Liebe stieß ich auf das Mobbing in der Schulzeit. Gezielt fragte ich mich, warum ich mich für so hässlich gehalten hatte und ging gedanklich zurück in die Vergangenheit. Und anstatt all die seltsamen Reaktionen und Momente als meine eigene Schuld anzusehen, hinterfragte ich sie. Innerhalb kürzester Zeit hatte ich all die merkwürdigen Augenblicke, die mich all die Jahre zuvor irritiert, irregeführt und verunsichert hatten, rekonstruiert. Tatsächlich, tief in mir drin, hatte ich es stets gewusst, obschon ich kaum Informationen hatte!!!!, jedoch verdrängt mit meiner verzerrten Selbstwahrnehmung.
Zum einen war mir sofort klar, wer sich für mich eingesetzt hatte, wer zwiegespalten war und zum anderen, wer Öl ins Feuer gegossen hatte und entweder gleichgültig oder an der Hetze beteiligt gewesen war. Wie in Trance sah ich die Bilder, hörte die Worte. Letztendlich konnte ich mit dieser Wahrheit nicht umgehen, wurde durch den Schock psychotisch, hörte zum ersten Mal Stimmen.
Durch meine Spiritualität und meinen unerschütterlichen Glauben an die fixe Vereinbarung dieses Spiels, das wir „Leben“ nennen, konnte ich dies alles verstehen und vergeben. Es musste so kommen, dass mein Leben wie ein Kinofilm abgelaufen ist.
Umgekehrt herum kenne ebenso ich die Angst, für meine Werte einzustehen, mich unbeliebt zu machen. Insbesondere, als ich das Buch über meinen Aufenthalt auf einer forensischen Station veröffentlichte, hatte ich all die Jahre davor so große Furcht davor, dass es ein Interessenskonflikt, ein “Crash“ mit den Werten meiner Familie wäre. Ferner, das war es definitiv!! Und dennoch ist die Welt nicht untergegangen!
Dieses Lied hab‘ ich immer gehört, wenn ich davon träumte, die Welt zu verändern, bahnbrechende Statements zu setzen, berühmt zu sein und dies dafür zu nutzen, mich für das Gewagte in der menschlichen Evolution einzusetzen, wachzurütteln.
In den Traum ist indessen Entspannung eingekehrt, seit ich weiß, worauf wir uns aus freien Stücken eingelassen haben. Somit sehne ich mich danach, einen Beitrag beizusteuern, ohne übersteigerten Geltungsdrang, die Erinnerung an unsere Essenz der Liebe anzukurbeln.
Ich hoffe, nachdem ich jetzt vom Hundertsten ins Tausendste gekommen bin, dieser tiefsinnige, aber feine Streifzug durch den Film „Der Club der toten Dichter“ mit kontinuierlichen Abstechern in meine eigene Erfahrungswelt, war eine vielschichtige Bereicherung für euch und ihr konntet euch den einen oder anderen Gedanken zum Philosophieren und Reflektieren mitnehmen.
Die innere Freiheit in Todd Andersons (Ethan Hawke) Augen in der Schlussszene und das stille Glück seines Lehrers Mr. Keating (Robin Williams) möchte ich uns allen mit auf den Weg geben. Danke, dass es diesen Film gibt und danke an alle, die mein Erleben ermöglicht haben! Danke für ALLES!
Lasst uns an dem Schönen uns erfreuen und kein Traum ist zu klein, um etwas zu bewirken, im Inneren wie auch im Außen!! Verwandelt die Angst in Liebe!
Viele liebe Lichtgrüße!
Namaste
Barbara
Eine Antwort zu “Incredibly brave – Coming out with your own truth (Part 2)”
Wunderschön, liebe Barbara.
Danke dafür.
Segen.
Herzlichst
M.M.