Ich glaube, vernommen zu haben, dass sich nach dem letzten Beitrag viele von euch gewünscht haben, dass ich auf das Video des Films „Der Club der toten Dichter“ näher eingehe.
Somit habe ich mich dazu entschieden, diesen Beitrag jenem Film zu widmen, ihn mit meiner eigenen Erfahrungswelt zu kombinieren.
Schauplatz ist ein konservatives Elite-Internat für junge Männer in Neuengland im Jahr 1959. Der unkonventionelle Lehrer Mr. Keating ermuntert seine Schüler durch avantgardistische Unterrichtsmethoden und Denkanstöße zur unverbrüchlichen Realisierung ihrer Träume und Wünsche. Zudem fordert er sie auf, selbstständig zu denken und Bewusstsein zu entwickeln. Vor allem der zuerst verunsicherte Schüler Todd Anderson lernt so, an sich selbst zu glauben und seine Fähigkeiten auszudrücken. Letzten Endes kollidiert die unorthodoxe, pionierhafte Herangehensweise seines Lehrers jedoch mit der Inflexibilität und Strenge des Internats. Als der Schüler Neil Perry Selbstmord begeht, wird Mr. Keating zum Sündenbock abgestempelt. In der Schlussszene, als Mr. Keating von höherer Schulinstanz dazu aufgefordert wird, den Unterrichtsraum zu verlassen, ist Todd derjenige, der als erstes aufsteht und Farbe bekennt. Viele seiner Mitschüler folgen ihm und bekennen sich zu Mr. Keating und seinem Unterricht. Ein für mich tränenreicher Moment, der mir den Atem raubt …
Dem selbigen möchte ich mich nun widmen.
In jener Schule wird versucht, Fantasie und Fähigkeiten in Strukturen und Normen zu pressen; Fertigkeiten, deren Entfaltung in ihrer Freiheit fließen und leben. Etwas zu messen, das wild und ungezähmt sein will wie Poesie, wie ein Gedicht, ist aus meiner Sicht nicht möglich. Diese Groteske wird nochmals überzeichnet, indem die Qualität und der Wert eines Gedichts mit mathematischen Diagrammen eruiert werden sollen. Kunst kann man nicht messen, genauso wenig wie das Kunstwerk „Mensch“.
Ich habe mir vor langer Zeit den Soundtrack zu diesem Film gekauft und es brennt in mir der gleiche Funke wie in Todd Anderson; es geht mir durch Mark und Bein, für die Dinge, die mir wichtig sind, aufzustehen und einzustehen, nicht aus Angst, nicht anerkannt oder ungeliebt zu sein, den Konsens zu suchen.
Die Poesie wird in diesem Film dafür das evolutionäre Forum, fungiert als das Zünglein an der Waage, bildet eine geheime Zone der Intimität und Rebellion.
Wenn es um die eigene kostbare Haut geht, sind manche sehr selbstbezogen, insbesondere wenn der Verlust von Prestige auf dem Spiel steht. Im Gegensatz dazu steht in diesem Film der Aufruf, seiner inneren Wahrheit zu folgen …
„Wenn nur ein Mensch an dich glaubt und dich unterstützt, hast du die Chance, an dich selbst zu glauben und die Selbstlimitierung kann schwinden.“ Ein Satz, der sich in meinem Inneren kristallisiert hat.
Wie im Film war es für mich auch mein Deutschlehrer, der bewirkte, dass ich an mich glauben konnte, auch wenn ich seinen Unterricht ab und zu als rigide und eintönig empfand. Denn ich wusste, ich könnte alles, was in mir vorging, in meine Texte hineinschreiben und er würde es verstehen. Er würde etwas Einmaliges darin sehen, obwohl ich die Themen teilweise verfehlte und gewisse Textarten nicht traf und erfüllte. Dennoch hatte ich durch ihn die Kraft, an mich selbst zu glauben und nicht zu verzagen entgegen all den widrigen Umständen. Noch jetzt weiß ich alles, was meine Eltern mir vom Elternsprechtag erzählten hinsichtlich dieses Unterrichtsfachs, ich zehrte damals davon.
Darüber hinaus hatte ich den Eindruck, dass er an meiner Meinung ehrlich interessiert war, er ließ mir in meinen Texten meine Ecken und Kanten, ohne mich in eine fügsame Rolle zu drängen. Nach der Matura kopierte ich mich die gesamte Deutschmappe, das war mir sehr wichtig.
Dennoch –gerade im Unterrichtsfach „Deutsch“ – ist das Benoten besonders herausfordernd, da es viel um die subjektive Meinung, den Geschmack bezüglich der schriftstellerischen Fähigkeiten geht. So kann es vorkommen, dass ein Schüler mit ein und demselben Text und derselben Aufgabenstellung sehr konträre, streitbare Noten bekommt. Oft spielen dabei leider immer noch Sympathie und Wohlwollen eine erhebliche Rolle, denke ich, vieles geschieht willkürlich.
Man hört immer wieder von Menschen, die auf die Deutsch-Matura einen Fünfer bekamen und später anerkannte Autoren wurden. Auch in den Schreibwerkstätten, in denen ich unterwegs bin, habe ich wahrgenommen, dass einige so Herausragendes leisten können, wenn sie nicht eingeschränkt werden. Vor Kurzem durfte ich so eine Schreibeinheit moderieren und mein Thema war „Die Schulzeit“. Vorerst trug ich ein Gedicht auswendig vor und anschließend habe ich folgende Fragen diesbezüglich zur Orientierung aufgeworfen:
„Muss Lernen wirklich Plage und Stress sein?“
„Welche Gefühle verbindest du mit deiner Schulzeit?“
„Welche Fähigkeiten und Freuden in dir wurden gefördert, welche zurechtgestutzt?“
„Muss es wirklich Noten geben, um den Lerneifer zu wecken?“
„Konntest du dich vielleicht nach der Schulzeit in Fertigkeiten entwickeln und Potentiale entdecken, die dir in der Schule verwehrt blieben? Wenn ja, welche?“
Zahlreiche Teilnehmerinnen schrieben daraufhin über ausgesprochen negative Erfahrungen, manche über positive. Auch wenn jemand viele Tipp- und Rechtschreibfehler macht, weist er oftmals eine aufblühende Fantasie auf. Wenn dann der Fokus auf die Mängel gelenkt wird, können das Vertrauen zu sich selbst und der Spaß am Lernen blockiert werden. Und man denkt wirklich, man könnte nichts und hätte keine Talente.
Zu meiner Schulzeit fand ich es beispielsweise schade, dass es überhaupt keine Schulpsychologin gab. Zudem hätte ich mir eine gewünscht, die nichts weitererzählte. So ging ich kurzerhand als 17-jährige ohne das Wissen meiner Eltern zu einer Psychotherapeutin, erzählte ihr von meinen Gefühlen der Unzulänglichkeit und Wertlosigkeit.
Sehr gerne hätte ich mit ihr öfters gesprochen, aber ich hatte kein Geld dafür.
Dies konnte ich in den vergangenen zwanzig Jahren ausreichend nachholen.
Und mit zunehmendem Alter hingegen kristallisierten sich die Lebensthemen und Talente gezielter, ein Grund, warum ich mich nun selbstsicherer fühle. Dabei lernte ich, dass es mir um die Talente des Herzens im Besonderen geht. Jeder darf so sein, wie er ist und hat, seinem Ursprung nach, alle Talente!!!
Zum Abschluss habe ich noch ein paar Texte in Elfchen- und Rondell-Form für euch:
Die Welt entdecken
Zu lernen ist eine Lebensaufgabe.
Am Beginn meines Lernens war ich Feuer und Flamme.
Durch Druck und Stress ging die Freude verloren.
Zu lernen ist eine Lebensaufgabe.
Es liegt an mir, dies erneut so zu sehen.
Letztendlich bin ich auch für die schweren Prüfungen dankbar.
Zu lernen ist eine Lebensaufgabe.
Am Beginn meines Lernens war ich Feuer und Flamme.
Verwandelt
vom Schicksal
ungewöhnliche Erfahrungen brachten
ungewöhnlich viel Veränderung und
Selbstliebe.
Unerschütterlich
Ich glaube an mich und meine Liebe zur Kreativität.
Meine Träume lassen mir Flügel wachsen.
In der Schulzeit wurde ich grob beschnitten.
Ich glaube an mich und meine Liebe zur Kreativität.
Aufgrund von negativen Noten hielt ich mich für dumm.
Eine Schule, die die Individualität fördert, wünsche ich mir.
Ich glaube an mich und meine Liebe zur Kreativität.
Meine Träume lassen mir Flügel wachsen.
„Niemals
wirklich ausgelernt“
ist das Lebensprinzip
des Lernens als neugieriger
Weltmensch.
Mit diesem Gedanken möchte ich diesen Beitrag beschließen.
I’m burning for learning without the pressure of earning forever!!!
Alles Liebe und nächstes Mal werde ich im zweiten Teil nochmals auf dieses Thema eingehen unter Bezugnahme des Films „Der Club der toten Dichter“, auf Englisch “Dead Poets Society“.
Verwirklicht eure eigene Identität auf der Grundlage eurer wahren Selbsterkenntnis!
Lichtvolle Herzensgrüße!
Namaste
Barbara