Loslassen – ein notwendiger Schritt der Abnabelung


Im letzten Herbst habe ich eine unerwartete und folgenreiche Entscheidung getroffen – ich habe den Kontakt zu meiner Ursprungsfamilie abgebrochen – außer den zu meiner Schwester.

Für mich selbst war die Vergangenheit eine Achterbahnfahrt der toxischen Gefühle, denn meine Familie hat nicht nur meine psychische Situation mitausgelöst, sondern mich auch in ihr festgehalten. Durch ihre Zuschreibung, ich wäre krank, nicht arbeitsfähig sowie ungeeignet, eine Partnerschaft zu führen oder ein Kind zu bekommen, fühlte ich mich entmutigt, gelähmt und niedergestreckt. Obwohl ich denke, dass dieses Verhalten meiner Familie nicht nur aus negativen, destruktiven Motiven stammte, waren die Auswirkungen verheerend, die Glaubenssätze manifestierten sich in mir und wurden zur Wirklichkeit.

Wenn man beeinträchtigt ist, wird man oft nicht als mündig gesehen und so viele Menschen nehmen es sich einfach heraus, sich einzumischen. Ständig wollte mir meine Familie Angst vor dem Leben machen, meine Lebendigkeit verhindern, was meine Lebenskraft zersetzte – und ich machte bei diesem Prozess mit.

Wenn man sich ewig einredet, dass man krank ist, verhindert man, gesund zu werden.

Seit ich aus der Forensik entlassen worden war, lautete meine Devise pflegeleicht, unkompliziert und möglichst nicht schwierig zu sein. Das waren meine eigenen Werte. Nichts wurde zuhause aufgearbeitet, sondern vielmehr alles unter den Teppich gekehrt. Wir haben nie wieder über meine Horrorzustände oder über die Forensik geredet, es wurde von mir erwartet, dass ich alles runterschlucke. Es gibt Menschen, die bezeichnen dies als Reife, als „Drüberstehen“, wenn man gute Miene zum bösen Spiel macht.

Etliche Male versuchte ich, den Kontakt zu meiner Familie abzubrechen – stets ohne Erfolg.

Die unnatürliche Interaktion schadete mir definitiv, dennoch endete es immer in einem Fiasko der Psychose, da ich ihnen gegenüber nicht in der Liebe bleiben konnte, sondern sie erneut sehr negativ sah. Mein Leben lang konnte ich bei ihnen nicht ich selbst sein, meine wahren Gefühle nicht zeigen, doch wenn ich mich zurückzog, hatte ich oft ein unendlich schlechtes Gewissen – auch diese Reaktion gab es. Ich fühlte mich schuldig, weil sie mich ja geboren und aufgezogen hatten, fühlte mich ihnen verpflichtet und auch ausgeliefert.

„Du gehörst dir. Unter Erwachsenen schuldet niemand jemandem etwas. Alles ist Geschenk.“, schreibt Ulrich Schaffer.

Jedoch war dies sehr schwer zu begreifen für mich, da meine Familie ja viel für mich tat und ich mich sehr abhängig fühlte – ich glaube, dass es vielen oder sogar uns allen manchmal so geht.

Nichtsdestotrotz – und diesen Punkt möchte ich hier wirklich unterstreichen, war und ist niemand an irgendetwas schuld. Weder ich noch meine Eltern. Um Schuld geht es nicht.

„Niemand kann dich ohne dein Einverständnis dazu bringen, dich minderwertig zu fühlen.“

(Eleanor Roosevelt)

Und selbst diesen Satz will ich nicht bewerten, denn ich hätte mich ebenso nicht anders fühlen und verhalten können in Anbetracht der Vorfälle in meinem Leben.

Oftmals machte ich den Vorschlag, eine Familientherapie in Anspruch zu nehmen, damit wir uns nicht weiter verletzten, was mir dauerhaft verwehrt blieb.

„Ich bin die Dankbarkeit des bereits Geschehenen.“, sagt Kassandra 13 in „Die Heilige Reise“.

Das bin ich. Wirklich.

Ich will nicht mehr mit meiner Geschichte hadern, sie hat mich zu dem Wissen und zu der Sichtweise geführt, die ich jetzt habe.

Aber wie habe ich es nun geschafft, mich zu befreien?

Es ist schwierig, wenn diverse Familienmitglieder wie Kraken agieren, die einen schädigen und nach unten ziehen – bewusst und unbewusst.

Am ersten Tag fühlte ich Niedergeschlagenheit und eine grenzenlose Ohnmacht vor lauter Schuldgefühlen. Dann löste sich der Knoten in meinem Hals, mit jedem Tag ein Stückchen weiter. Ich beschloss, sie weiterhin zu lieben, deswegen funktionierte dies.

Durch meine Spiritualität war es mir möglich, dies zu fühlen.

Ich wünsche ihnen alles Gute für die Zukunft und auch wenn sie noch so sehr protestieren, ich nehme den Kontakt auf unbestimmte Zeit nicht wieder auf, bis ich mich gefestigt habe und in meine Stärke und Selbstständigkeit zurückgefunden habe. Es muss nicht für immer sein, ich schaue einfach, was sich für mich stimmig anfühlt. Ich liebe sie für immer, wir sind auf ewig miteinander verbunden. Und dennoch wird es nie mehr so sein, wie es war und das ist positiv für mich.

Mein Hinweis für euch:

Falls ihr euch in einer ähnlichen Situation befindet, wenn eure Eltern, Freunde, Verwandten oder wer auch immer, euch niederdrücken: Gebt niemandem die Schuld, weder euch noch ihnen.

Eure Bestimmung ist es, frei zu sein. Ihr seid niemandem verpflichtet außer euch selbst.

Ihr dürft euch um euch selbst kümmern, es euch selbst recht machen und euren Werten entsprechend leben. Das ist für eure Authentizität und Selbstliebe notwendig.

Ich will nicht sagen: „Macht nicht den gleichen Fehler wie ich.“, denn es war kein Fehler, keine verlorene Zeit, alles hat seinen Sinn und ist gut, so wie es ist. Obschon es bei mir 41 Jahre dauerte, bis ich so weit kam. Ich wünsche euch, dass es nicht so lange dauert, oder nein, ich wünsche euch das, was euren Zielen dienlich ist.

Also, wenn euch jemand nach unten zieht, scheut euch nicht davor, den Kontakt abzubrechen, unabhängig davon, in welcher Beziehung ihr zu der Person/ den Personen steht.

Wir sind alle eine große Menschenfamilie!

Dann seid ihr frei und die Welt steht euch so offen, wie mir im Augenblick … und das bin ich allen so vergönnt!!!


Die folgenden Lebensweisheiten sind aus einer buddhistischen Meditation:

„Das Meiden bestimmter Menschen zum Schutz psychischer Gesundheit ist keine Schwäche, sondern Weisheit.“

„Es ist kein Anzeichen von psychischer Gesundheit, sich an eine zutiefst gestörte Gesellschaft anpassen zu können.“ (Das Wort „Gesellschaft“ habe ich durch „Familie“ ersetzt)

„Indem du die Türe für toxische Menschen immer wieder öffnest, wirst du keinen Abschluss finden. Du wirst deine Heilung hinauszögern.“

„Liebe dich selbst genug, um all das loszulassen, was deine Seele nicht nährt.“

„Es ist nicht schlimm, in die falsche Richtung gegangen zu sein, man muss nur den Mut haben, umzukehren.“

„Du kannst nicht glücklich werden, wenn du etwas festhältst, was dich traurig macht.“

„Wenn du fliegen willst, musst du Dinge loslassen, die dich runterziehen.“


Es kann sein, dass diese Sätze Unbehagen und Angst auslösen, bei mir war es so.

Es fühlte sich so absolut und endgültig an. Das ist es aber nicht, es ist nur eine Momentaufnahme. Ohne Groll, Hass oder Fanatismus. Ich höre auf mein Herz.

Ich verstehe und ich vergebe. Und ich liebe.

Von Herz zu Herz alles Liebe!

Namaste

Barbara

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Eine Antwort zu “Loslassen – ein notwendiger Schritt der Abnabelung”

  1. Diesen Blogartikel finde ich großartig, was du geschafft hast, wie du dein Mindset ändern konntest, diesen Weg den es brauchte um das durchzuziehen Ich finde mich darin sehr wieder und es inspiriert mich sehr. Danke für deine Worte Barbara.

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